Teilstrecken 10 - 13
Nach einem 4 km Flachstück begann die Steigung auf das Grauholz. Nach einer kurzen Senke folgte gleich der Anstieg, nicht allzu steil, war aber nach 560 km in den Beinen doch zu merken.
Eigentlich hatte ich mich auf diese Etappe gefreut, da nach dem Grauholz ein ständiges, leichtes Gefälle folgte. Aber hier kam der Wind voll von vorne! 40 km starker Gegenwind - schlimmer als ein Berg. Es half ja alles nichts, die anderen Fahrer mussten da auch durch. Auch das Fahren in Aeroposition war hier sehr anstrengend, zumal das meinem Hintern sowiso nicht mehr gefiel. An meiner rechten Hand hatte sich auf dem Ballen mittlerweile eine Blase gebildet. Immer öfters musste ich die Lenkerhaltung wechseln, um abwechselnd die Blase, Handgelenke und Oberarme entsprechend zu entlasten.
Um 12:24 Uhr - ich war 23:58 Stunden unterwegs - erreichte ich Wiedlisbach zur ersten Durchfahrt. Vom Moderator wurde ich namentlich genannt (der Name stand ja auf der Startnummer) und vom Publikum mit Beifall begrüßt.
Nach kurzer Verpflegung und Besuch der Toilette, machte ich mich gleich auf die Zusatzrunde.
Mein wunder Hintern und meine Fußsohlen waren sich eigentlich einig, dass jetzt Schluß ist!
Aber als Schwabe habe ich für jeden KM bezahlt und so muss auch jeder KM genossen werden :-)
Großes Lob hier auch an meine Mannschaft, dass nicht einmal über abbrechen gesprochen wurde. Es war einfach klar, fertigzufahren, obwohl ich mir diese Option natürlich offengehalten hatte.
Das 11. Teilstück - die Bergetappe der 110km-Strecke! Beim Betrachten des Höhenprofils war ich der Meinung, ‘es geschafft zu haben’, wenn ich diese Etappe hinter mir hatte.
Es folgte eine schöne, flache Strecke, entlang der Aare, die dann überquert wurde. Es folgte
eine kleine Rampe und dann wieder relativ flach bis zum Anstieg in den Lindenpaß. Hier bemerkte ich auf einmal, dass mein Tacho eine Gesamt-KM-Leistung von 20 km anzeigte! Irgendwie wurde während der
Fahrt der 2. Radumfang meines Tacho aktiviert, was mich natürlich sehr ärgerte!
Der Lindenpaß war dann nochmal so richtig heftig! Ich dachte bei mir: “Ist das gemein!”. Stellenweise über 12% nach über 620 km - so was macht man doch nicht! “Sei ruhig und tritt weiter - es könnte
schlimmer kommen!” dachte ich noch - und es kam (fast) schlimmer! Auf dem Paß mündete die Straße in eine übergeordnete Straße ein. Links war eine Abfahrt, rechts war eine Abfahrt, aber der Wegweiser
fehlte! Wohin? Ich wollte auf das Begleitfahrzeug warten, was mir aber zu lang wurde, und so entschloß ich mich für rechts. Es folgte eine lange und steile Abfahrt, begleitet mit dem Gefühl,
vielleicht die falsche zu sein. Unten bekam ich dann ein ganz komisches Gefühl im Bauch und drehte um. Allerdings wollte ich nicht mehr den Berg hoch und wartete auf das Begleitfahrzeug. Ich hoffte,
dass es bald kommen würde. Nach ca. 3 Minuten kam es auch. Peter und Herwig wussten auch nicht genau wohin. Wir gingen das Roadbook nochmal zusammen durch und stellten fest, dass wir - Gott sei Dank
- richtig waren.
Weiter ging’s den Anstieg hoch nach Mühleberg. Nach einer kurzen Abfahrt mündete die Strecke in die Auffahrt nach Affoltern ein, die mir von der ersten Durchfahrt bekannt war...
Den Checkpoint Affoltern erreichte ich glücklich, mit dem Wissen, die letzten ‘harten’ Berge hinter mir zu haben. Wahrscheinlich hat sich Herwig mehr gefreut als ich, und zwar auf seinen Joghurt!
Nach einem relativ kurzem Stopp, mit der gewohnten Prozedur Essen, Trinken, Trinkflaschen wechseln Banane in Trikotasche schieben, ging ich auf die vorletzte Etappe.
Die tolle Abfahrt und das wunderschöne Tal konnte ich jetzt nochmal genießen. Schön war zudem, dass der Rückenwind noch da war. Mein Hintern tat immer noch sehr weh, meine Fußsohlen schmerzten Zeitweise wieder stark. Aber es waren ja nur noch 76 km zu fahren - die letzten 10%!
Meine Beine fühlten sich noch seht gut an und ich konnte es auf dieser Etappe wieder richtig laufen lassen. Zeiten habe ich aufgrund des ‘ausgestiegenen Tachos’ leider nicht mehr. Die Themperaturen waren wieder sehr hoch. Die Sonne brannte mir richtig auf meine dunkelblaue Hose, ein nicht unangenehmes Gefühl!
Den Checkpoint in Stettlen erreichte ich vor dem Begleitfahrzeug. Kurz Stempeln und - seit langem - konnte ich mal wieder eine Banane Essen. Ich war bereit zur Weiterfahrt, musste aber noch kurz auf das Begleitfahrzeug warten, die bei einem Tankstopp aufgehalten wurden. Volle Trinkflaschen bekam ich unterwegs.
Ich war auf der letzten Etappe!
Noch 46 km lagen vor mir - leider mit viel Gegenwind. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich fast 700 km in den Beinen, 150 km mehr wie letztes Jahr in Norwegen! Ein tolles Gefühl.
Anders erging es da meinem Hintern und meinen Fußsohlen; die konnten das Ende kaum
erwarten!
Vor mir lag die kurze Abfahrt mit anschließendem Anstieg in das Garuholz. Genau unten im Scheitelpunkt senkten sich die Schranken des Bahnüberganges und nach einer Vollbremsung hieß es 2 Minuten
warten. Als Strafe hierfür durfte ich den Anstieg dann auch noch ohne Schwung in Angriff nehmen. Das Grauholz schreckte mich aber nicht mehr, der Anstieg war mir ja von ‘vorhin’ bekannt.
Zermürbend war der ständige Gegenwind, der kein bischen nachgelassen hatte. Auf den letzten 20 km zählte ich mit
schmerzendem Hintern und stechend-brennenden Fußsohlen alle 100 Meter zurück. Irgendwo zog noch ein einsamer Elite-Fahrer der 600km-Strecke an mir vorbei, dem ich nicht mehr folgen konnte.
Wangen an der Aare war erreicht - noch eine Schlaufe mit 3 km - oder doch die Abkürzung und nur noch 1 km fahren? Nein, nicht so kurz vor dem Ziel - alles, jeder Meter, wird gefahren!
Der letzte Kilometer der Schleife war ein leichter Anstieg, den ich bei der ersten Durchfahrt auch gefahren war und keine Hammersteigung, eine kurze Abfahrt entlang der Autobahn, vorbei am Parkplatz
vor dem Start-/Zielbereich, der letzte Hügel hoch und ich war im Ziel! Schnell noch abstempeln - und FERTIG!
Lt. Tacho war ich 741,75 km gefahren, was der Streckenlänge Plus Verfahren in Küssnacht
nahekommt.
Reine Fahrzeit war ich 25:21 Std. unterwegs, mit Pausen und Stopps 28:46 Std.
Ich hatte mich für eine Teilnahme am Solo-RAAM in den nächsten 3 Jahren qualifiziert!