Teilstrecken 7 - 9
Der Sattelpass in der vor mir liegenden Etappe bin ich mit Herwig ebenfalls abgefahren. Auch
hier hatten wir von der Abfahrt eine Videoaufzeichnung gefertigt, die ich mir ‘reingezogen’ hatte.
Vom Checkpoint gings zunächst ca. 5 km flach weiter. Dann kam nach einer Eisenbahnunterführung die scharfe Abzweigung nach links in Richtung Wollerau. Noch beim Abbiegen schaltete ich vorne auf mein
kleinstes Ritzel. Erstaunlicherweise ging mir auch dieser Anstieg relativ leicht von den Beinen. Vielleicht auch nur deshalb, weil Fahren im Stehen mittlerweile angenehmer war, als im
Sitzen!
Während der Auffahrt bemerte ich gegen 04:15 Uhr, wie sich der Himmel im Osten allmählich
verfärbte. Es begann langsam zu dämmern. Auch hier konnte ich die Ruhe und die frische Luft genießen. Ein toller Anblick war der unter mir liegende Zürichsee und die beleuchteten Ortschaften daran.
Auf dem flacheren Stück, ziemlich oben, aber noch vor dem Pass, hatte sich Nebel in den Senken gebildet, der ebenfalls tolle Anblicke bot: Nebelsee mit herausragenden Baumwipfeln.
Hier oben, auf über 900m, zeigte das Thermometer nur noch 9°C an! Doch recht frisch! Hätte ich hier oben meine Crew getroffen, hätte ich gerne ein Langarmtrikot und lange Handschuhe angezogen. Das
war aber nicht der Fall.
Die Abfahrt konnte ich bereits bei genügend Helligkeit absolvieren, dass das Licht eigentlich nicht mehr nötig war, was mir natürlich nicht unlieb war. Bei der langen Abfahr nach Arth ließ ich die
Beine hängen, was zwar meinem Hintern gefiel, meinen Knieen nachher aber sehr schwer wurde, wieder einen Rhytmus zu finden. Hätte wohl doch lieber locker mittreten sollen! Schließlich fand ich ihn
aber doch und kurze Zeit später fuhr ich einen Konkurrenten mit roter Nummer auf und an ihm vorbei.
Nach der Abfahrt folgte kuppiertes Terrain und ich passierte in Küssnacht die ‘Hohle Gasse’,
bekannt aus Wilhelm Tell. Hier in Küssnacht übersah ich einen Wegweiser und fuhr in falscher Richtung weiter in Richtung Luzern. Bald schon hatte ich ein ungutes Gefühl im Bauch. Sicherheitshalber
wollte ich bei Peter anrufen, um die Lage zu checken. Handy herausgeholt, Nummer gewählt und - Akku leer! Das darf doch wohl nicht wahr sein! Brauchst einmal das Handy, ist der Akku leer! Ich fuhr
weiter in falscher Richtung. Nach 13 km war ich mir sicher, falsch zu sein und drehte um.
Nach 2 Minuten kam mir mein Begleitfahrzeug entgegen. Die hatten nach der Abzweigung gewartet und verdacht geschöpt, als der Fahrer kam, den ich eingeholt hatte. Da ich nach einigen Minuten immer
noch nicht kam, wollte mich Peter auf dem Handy anufen, aber das war ja leer. Also fuhren sie in meine eingeschlagene Richtung, wo wir uns trafen..
Wir luden das Rad auf’s Auto, und im Auto ging’s zurück zu der Abzweigung, an der ich mich verfahren hatte. Lt. Reglement war dies so erlaubt. Die Pause im Auto nutzte ich um etwas zu essen und zu trinken. Dann gings weiter in Richtung Emmenbrücke, diesmal auf dem richtigen Weg!
Gegen 07:00 Uhr erreichte ich den Checkpoint in Emmenbrücke. Auch hier hatte ich nur einen kurzen Aufenthalt und weiter gings in Richtung Affoltern.
Bei dieser Etappe gab es einige Höhenmeter zu erfahren, die aber zumeist in Form von leichten Anstiegen gut zu bewältigen waren.
Es herrschte strahlend blauer Himmel, und der Tag versprach so heiß zu werde, wie der vergangene. Jetzt, kurz nach 07:00 Uhr war es aber doch noch etwas frisch und ich war recht froh über meine Windjacke. Erst beim Anstieg nach Affoltern, kurz vor 09:00 Uhr, bei dem mit Rückenwind die Sonne herunterbrannte, wurde es so richtig warm unter der Weste. Hier begann sich schon der Teer vom Asphalt zu lösen. Langsam begann die Sohle meines linken Fußes zu brennen, so dass ich zeitweise keinen Druck auf das linke Padal bringen konnte. Zum Glück waren die heftigen Schmerzen - wie bei einem Wespenstich - nur von kurzer Dauer, kamen später dann aber immer in kürzeren Abständen.
Um 08:59 Uhr erreichte ich den Checkpoint in Affoltern bei der Schaukäserei. Verpflegung war hier Käse, Brot und Joghurt. Während ich mich mit Käsebrot und Cola beschäftigte, verdrückte Herwig ein Joghurt nach dem anderen. Er war froh, dass wir hier nochmals vorbeikommen würden (um weitere Joghurt zu verdrücken). Hier oben auf dem Berg wehte ein starker und jetzt noch kalter Wind, weshalb wir das Umziehen auf den nächsten Checkpoint in Stettlen verlegten.
Als ich nach kurzer Pause weiterfuhr, bemerkte ich, dass die Geschwindigkeitsanzeige meines Tacho nichts mehr anzeigte. Nach Wechseln der Batterie des Senders war das Problem behoben, und weiter ging’s in Richtung Bern.
Von Affoltern führt eine schöne Abfahrt durch ein wunderschönes Tal. Obwohl das Thermometer hier schon über 20°C anzeigte frohr es mich von innen heraus. Erste Anzeichen von Müdigkeit? Auf der Ebene, die mich mit einem freundlichen Rückenwind begleitete, wurde es wieder besser. Natürlich spürte ich meinen wunden Hintern und die brennende linke Fußsohle, die bald Gesellschaft von der rechten Fußsohle erhalten sollte. Interessant war das vor allem an Bahnübergängen, die ich im Stehen überfuhr und die Sohlen die Schläge dann so richtig voll abbekamen! So langsam merkte ich auch die Nackenmuskulatur und meine Oberarme. Auch die Handgelenke und Handflächen machten mich auf ihren wertvollen Einsatz bemerkbar.
Stettlen erreichte ich um 10:04 Uhr, nach weniger als einer Stunde Fahrzeit. Nun war es
richtig warm und auch Zeit zum Umziehen.
Während meines Aufenthaltes kam der Führende meiner Klasse auf seiner Zusatzrunde am Checkpoint vorbei. Er hatte noch 46 km vor sich, ich noch 156 km! Aber so richtig gut schien es ihm auch nicht zu
gehen, da er sich in einem Gebüsch gerade übergeben musste.
Nach einem 16minütigen Aufenthalt ging’s weiter in Richtung Wiedlisbach - meiner ersten
Zieldurchfahrt
entgegen.